Besuch beim Nachbarn: Ein zweites Rennen zum Mond?

Am 14 Dezember 1972 hob die Mondlandefähre Challenger von der Oberfläche des Erdtrabanten ab, um an die Apollo-17-Kapsel anzukoppeln und die Rückreise zur Erde anzutreten. Dies war die letzte bemannte Mondmission der NASA. Eugene Cernan, der Kommandant der Mission, hatte vor dem Zünden der Triebwerke noch die geschichtsträchtigen Worte geäußert: „Wir gehen, wie wir gekommen sind und, so Gott will, wie wir zurückkehren werden: mit Frieden und Hoffnung für die ganze Menschheit.“

Bild des Mondfahrzeugs der Apollo-17-Mission mit Eugene A. Cernan am Steuer
Bildtext: Eugene A. Cernan, der Kommandant der Apollo-17-Mission, am Steuer des Mondfahrzeugs. (Bild: NASA)

Die Rückkehr zum Mond sollte jedoch auf sich warten lassen. Von den ursprünglich geplanten zehn bemannten Landungen waren die letzten drei gestrichen worden. Die Gründe dafür waren unter anderem Budget-Kürzungen bei der NASA, und außerdem war das ursprüngliche Ziel, nämlich das Rennen zum Mond gegen die Sowjetunion zu gewinnen, erreicht worden. Zwölf amerikanische Astronauten hatten die Oberfläche des Erdtrabanten betreten. Sie hatten 382 Kilogramm Sand, Steine und Staub mit zur Erde gebracht. Die wissenschaftliche Ausbeute war enorm.

Das erste Rennen zum Mond

Obwohl das Apollo-Programm einen großen wissenschaftlichen Nutzen abwarf, war die ursprüngliche Motivation für das Engagement die Herausforderung durch die Sowjetunion gewesen. Der erste Start eines sowjetischen Satelliten in die Erdumlaufbahn 1957 hatte im Westen den Sputnik-Schock ausgelöst – die Erkenntnis, dass der Ostblock den USA in der Raketentechnik überlegen war.

1962 erklärte der amerikanische Präsident John F. Kennedy:

„Wir wollen zum Mond gehen und die anderen Dinge tun, nicht weil sie einfach sind, sondern weil sie schwierig sind, weil dieses Ziel dazu dient, unsere Energien und Fähigkeiten zu organisieren und zu erfassen, weil dies eine Herausforderung ist, die wir bereit sind zu akzeptieren, die wir nicht bereit sind aufzuschieben und die wir gewinnen wollen …“ (Quelle: https://er.jsc.nasa.gov/seh/ricetalk.htm)

Das Ziel bestand darin, innerhalb eines Jahrzehnts einen Menschen zum Mond zu schicken. Kennedy starb zwar nur 14 Monate nach dieser Rede bei einem Attentat, aber das Apollo-Programm wurde weitergeführt, und am 20. Juli 1969 landete zum ersten Mal ein bemanntes Raumfahrzeug auf dem Mond. Allerdings erlosch nach und nach das Interesse derjenigen, die für die Finanzierung des Unternehmens verantwortlich waren, nämlich der US-Regierung und des Repräsentantenhauses. 1965 hatte die NASA noch einen Anteil von vier Prozent am Staatshaushalt erhalten. Danach regierte der Rotstift. Heute bekommt die amerikanische Raumfahrtbehörde ungefähr 0,4 Prozent vom Budgets der Regierung.

An die Stelle des Erdtrabanten traten in den 1970er-Jahren andere Ziele, die mit den knappen Mitteln erreicht werden sollten: eine wiederverwendbare Raumfähre, eine Raumstation, Weltraumteleskope, Sonden zu anderen Planeten. Vor allem der Mars, auf dem vielleicht einst Wasser floss und der möglicherweise immer noch Leben beherbergt, war wissenschaftlich interessanter als der tote Mond.

Erneutes Interesse am Mond

Zwar ging 1973 die amerikanische Sonde Explorer 49 in eine Umlaufbahn um den Mond, aber in den gesamten 1980er-Jahren erreichte kein einziges Raumfahrzeug das Nachbargestirn der Erde. Erst 1990 kam wieder eine Mission, die japanische Sonde Hiten, am Mond an. 1994, mehr als 20 Jahre nach der letzten Mondmission der NASA, flog zum ersten Mal wieder ein amerikanisches Raumfahrzeug den Erdbegleiter an: die Sonde Clementine. Die Hinweise auf Wassereis am Südpol hatten zur Folge, dass die NASA 1998 die Lunar Prospector in eine Umlaufbahn um den Trabanten schickte.

Aber für wirkliches Aufsehen sorgte die aufstrebende Wirtschaftsmacht und Raumfahrtnation China, die 2007 die Sonde Chang‘e 1 in eine Umlaufbahn um den Mond schickte, um dessen Oberfläche zu kartografieren. Die chinesische Mission löste zwar keinen zweiten Sputnik-Schock aus, aber es war offensichtlich, dass das Reiche der Mitte beabsichtigte, in Zukunft auch im Weltraum eine zentrale Rolle zu spielen. Chang‘e 1 war nur der erste Schritt eines ambitionierten Mondprogramms. Am 14. Dezember 2013 setzte die Sonde Change‘e 3 auf der Oberfläche auf. Mit Chang‘e 4 landete am 3. Januar 2019 zum ersten Mal eine Sonde auf der erdabgewandten Seite des Mondes. Zu den mittelfristigen Zielen der chinesischen Raumfahrtorganisation gehört sogar eine Forschungsstation auf dem Mond.

Mitglied des Clubs der Länder, die mit Raumfahrzeugen den Mond erreicht haben, ist seit 2008 auch Indien. Die indische Sonde Chandrayaan-1 ging am 8. November dieses Jahres in eine Mondumlaufbahn und setzte sechs Tage später eine Tochtersonde ab, die planmäßig auf der Oberfläche einschlug. Eine weitere indische Sonde, Chandrayaan-2, erreichte den Mond am 20. August 2019.

Selbst Russland möchte ab 2021 wieder eine Rolle auf dem Mond spielen. 45 Jahre nachdem die sowjetische Sonde, Luna 24, gelandet war, soll Luna 25 auf dem Erdbegleiter niedergehen.

Die japanische Raumfahrtagentur JAXA möchte 2022 eine punktgenaue Landung auf dem Mond demonstrieren.

Das Mondlandemodul von JAXA
Die japanische Raumfahrtagentur JAXA entwickelt Konzepte für eine dauerhafte Präsenz auf dem Mond. (Bild: JAXA)

Apollos Schwester

Die Antwort der USA auf die Herausforderung durch die Sowjetunion war das Apollo-Programm gewesen. Artemis heißt das Programm, mit dem die NASA auf die neuen Konkurrenz im Weltraum reagieren möchte. In der griechischen Mythologie ist die Göttin Artemis die Schwester Apollos. Der Name ist Programm, denn bis 2024 soll die erste Frau auf dem Mond landen. Dazu werden innovative Technologien eingesetzt, um die Mondoberfläche zu erkunden. Diese Ziele sollen durch die Zusammenarbeit mit kommerziellen und internationalen Partnern erreicht werden. „Wenn wir dieses Mal zum Mond fliegen, werden wir bleiben“, hatte Jim Bridenstine, der Administrator der NASA, verkündet. Die wachsende Anzahl der Konkurrenten im Weltraum könnte das US-Repräsentantenhaus sogar dazu bewegen, für die Finanzierung zu sorgen.

Werbung

Mondgeruch: Die Problematik des Feinstaubs

Eine überraschende Sache für die Astronauten, die den Mond besuchten, war der starke Geruch des Mondstaubs (auch Regolith genannt). Während die Astronauten in ihren Raumanzügen Experimente auf der Mondoberfläche durchführten, sammelte sich der Mondstaub in den Falten des Anzugs. Als sie in die Landefähre zurückkehrten und ihre Helme abnahmen, ließ sich der Staub an ihren Händen und in ihren Gesichtern nieder. Nachdem die vier Milliarden Jahre alten Kleinstpartikel in der Mondlandefähre zum ersten Mal mit Sauerstoff in Berührung kamen, entwickelten sie einen stechenden Geruch. Neil Armstrong beschrieb den Geruch des Staubes als vergleichbar mit feuchter Asche in einem Kamin. Andere erinnerte er an Schießpulver.

Der Regolith bildet sich auf den Oberflächen von Gesteinskörpern (Planeten, Monde und Asteroiden), die nicht durch eine Atmosphäre geschützt sind. Dieser Vorgang wird als „Weltraumverwitterung“ bezeichnet. Anders als auf der Erde, wo gewöhnlich Wasser bei der Verwitterung eine Rolle spielt, sind bei der Weltraumerosion das Bombardement durch Mikrometeoriten, kostmische Strahlung und extreme Temperaturen dafür verantwortlich, dass sich kleine Teile aus dem Gestein lösen. Da es an Wind und Regen fehlt, bleiben die Partikel als eine Staubschicht liegen.

Bild der Mondoberfläche mit der Spur des Mondfahrzeugs im feinen Staub.
Das Mondfahrzeug der Apollo-14-Mission hinterließ seine Spur in der feinen Staubschicht, die den Mond überzieht. (Bild: NASA)

Bei einem längeren Aufenthalt auf dem Mond kann sich der Regolith als ernsthaftes Problem erweisen. Wegen ihrer elektrostatischen Aufladung haben die Teilchen die problematische Eigenschaft, an Flächen zu haften. Außerdem können sie wegen ihrer mikroskopischen Größe in Geräte und die Lungen der Raumfahrer eindringen.

Es gibt Anzeichen für eine Art dünner „Staubatmosphäre“ des Mondes, die aus kleinen Teilchen besteht, die von der Oberfläche hochspringen und wieder zurückfallen. Dabei handelt es sich um einen Effekt, den bereits 1956 der Science-Fiction-Autor Hal Clement in der Kurzgeschichte „Dust Rag“ beschrieb.

Nützlicher Staub

Der Regolith auf den Gesteinskörpern stellt aber nicht nur eine Herausforderung dar, er kann für zukünftige Missionen auch nützlich sein. Europäische Wissenschaftler experimentierten mit ähnlichem irdischen Feinstaub. Es gelang ihnen mit Hilfe der 3D-Druck-Technik, daraus Backsteine zu formen – Baumaterial für künftige Mondstationen. Außerdem arbeitet die Europäische Raumfahrtagentur (ESA) an einer technischen Einrichtung, um dem Mondstaub Sauerstoff zu entziehen. Etwa 40 bis 45 Prozent des Regolithgewichts ist auf Sauerstoff zurückzuführen. Die Technik ist jedoch nicht einfach, da der Sauerstoff chemisch als Oxide in Form von Mineralien oder Glas gebunden ist. Zum Extrahieren ist deshalb eine komplizierte Chemie nötig. Falls die nötigen Techniken gemeistert werden, kann sich der Regolith in Zukunft als eine wichtige Hilfe bei der Errichtung von Stützpunkten auf anderen Himmelskörpern erweisen.